© Astrid Ackermann
Chaya Czernowin: IMMATERIAL
für sechs verstärkte Stimmen (2021)
I. Madrigalbuch und Intermezzi
II. Klangtheater
Neue Vocalsolisten
IMMATERIAL ist die dritte Tafel des Triptychons VENA (=Strom, Vene, Puls), in dem sich Chaya Czernowin mit der Gegenwart aus drei verschiedenen Blickwinkeln auseinandersetzt. Bei IMMATERIAL setzt sie die Stimme »in radikalster und einzigartiger Weise ein, als Träger der Sinne, als Übermittler wilder und unausgesprochener Empfindungen, die von unserem Körper ausgehen und ein Netz aus unbekannten Emotionen, Atmung, verblassten Erinnerungen und seltsamen biologischen Prozessen bilden, die alle miteinander verwoben sind. Die Stimme selbst erzählt keine Geschichten. Sie verbalisiert nicht. Sie überträgt ein sensorisches Ereignis von aufgewühlten Emotionen. Es entsteht eine Erfahrung des Zuhörens, ein Klangtheater, eine Art Butoh der Stimme.« Und: »Wenn ich jemals ein richtiges Manifest geschrieben hätte (ein ANTI-Manifest)–das könnte es gewesen sein!«
In diesem Werk versuche ich herauszufinden, was passiert, wenn die Stimme aus ihrer Rolle entlassen wird. Was passiert, wenn die Stimme ein Klang ist, oder die Essenz einer Emotion oder eine Farbe, eine Bewegung, eine Linie. Der Hauptteil ist ein imaginäres, immaterielles Klangtheater, in dem das sensorische Drama der Madrigale zu einem tiefen Unterwassertheater wird. Reine Empfindungen und Modulationen zwischen visuellem Klang und gefühltem Klang schaffen eine Provokation und erlauben den Zuhörenden, ihre eigenen Geschichtenerzähler zu werden.
Chaya Czernowin